Aus der historischen Forschung wissen wir heute, dass einige Könige der Sueven eine Politik des Ausgleichs durch Vermählung mit westgotischen Machthabern verfolgten. Dies galt besonders für die östlichen und südöstlichen Grenzgebiete und damit auch für die Sierra del Sueve. Im Jahre 416 schloss der mächtige Westgotenkönig Wallia einen Friedensvertrag mit den Römern. Die Gegenleistung war die Bekämpfung und Vertreibung der Vandalen, Alanen und der Sueven.
Nachdem Wallia die silingischen Vandalen und die Alanen besiegt hatte und vertragsgemäß nun gegen die Sueven und die asdingischen Vandalen vorgehen sollte, brach er seine vernichtenden Feldzüge plötzlich ab. Dies war eine entscheidende Voraussetzung, die es ermöglichte, dass sich das Königreich der Sueven in den Folgejahren stabilisieren und ausdehnen konnte.
Es kann nur vermutet werden, welche Gründe Wallia veranlassten, die Sueven zu schonen. Doch naheliegend ist, dass die engen verwandtschaftlichen Verflechtungen des Westgotenkönigs mit der suevischen Königsfamilie unter dem ersten Suevenkönig Hermerich (Regentschaft 406/409-438) dabei eine Rolle spielten. Eine Tochter des mächtigen Westgotenkönigs Wallia war mit einem suevischen Fürsten verheiratet.
Im Jahre 449 kam es zu einer weiteren überlieferten Vermählung. Dieses Mal zwischen dem Suevenkönig Rechiar und Theodora, Tochter des westgotischen Königs Theoderich. Unter der Führung von Rechiar erreichte das Suevenreich seine größte Ausdehnung. Ermöglicht wurde die Expansion durch die relative Ruhe im ursprünglichen Suevenreich in den Grenzen der ehemaligen Provinz Gallaecia. Die Grenzgebiete wurden durch enge familiäre Beziehungen zu den Westgoten und zu lokalen Machthabern geschützt.
Suevenkönig Remismund kooperierte besonders eng mit den Westgoten. Diese zeigten sich dankbar und überhäuften Remismund dafür mit Geschenken und beglückten auch ihn mit einer westgotischen Prinzessin als Gemahlin.
Die Annäherung durch Vermählung war durchaus üblich. Seit der Herrschaft des ersten Suevenkönigs Hermerich bestanden vielfältige familiäre Bande zwischen den beiden germanischen Völkergemeinschaften.
Es sind nur einige dieser Verbindungen zwischen den Sueven und den benachbarten Völkern namentlich überliefert. Zumeist handelt es sich dabei um westgotische Königskinder.
Diese suevisch-westgotischen Vermählungen von Prinzen und Prinzessinnen im Nordwesten der Iberischen Halbinsel waren ein Instrument frühmittelalterlicher Politik der Herrschaftssicherung und Befriedung.
Die Chronisten beschränken sich in ihren Berichten auf die Vermählung zwischen Angehörigen des Königshauses untereinander. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Vermählungspolitik auch in der Interaktion mit lokalen Eliten einen Beitrag zur Herrschaftssicherung und Befriedung leistete.
Die Chronisten berichten wiederholt von Friedensabkommen zwischen Sueven und einheimischen Fürsten. Für die strategisch wichtige Grenzregion der Sierra del Sueve gilt dies umso mehr. Es ist sehr wahrscheinlich, dass im Rahmen dieser Abkommen auch die Verbindung zu den lokalen Eliten durch Heirat gefördert wurde.
Daher könnte es durchaus sein, dass in der Region der Sierra del Sueve eine Vermählung mit einem oder einer Angehörigen des Königshauses der Sueven erfolgte. Die nordöstliche Grenzregion des Suevenreichs konnte nicht nur durch die Politik der Vermählung mit Angehörigen des westgotischen Königshauses, sondern auch durch die Vermählung mit Einheimischen gesichert und befriedet werden. Neue archäologische Funde deuten darauf hin.
Ab dem Jahr 440 befand sich der suevische Königssitz für einige Jahre in Mérida. Dort sind Gräber von jungen Frauen mit imposanten Grabbeigaben entdeckt worden. Sie werden "Las Princesas Bárbaras" oder "die suevischen Prinzessinnen von Mérida" genannt. In einer Präsentation von Francisco Javier Heras Mora wird die Geschichte der Entdeckung der Gräber vorgestellt und in einer Reportage des spanischen Fernsehens aus dem Jahr 2022 wird über die Rekonstruktion ihrer Kleider mit prächtigem Schmuck berichtet: