Der Ruf der Erde

Der Ruf der Erde Alte Eibe in Asturien

Das nordspanische Asturien gehört zu den letzten Refugien vieler bedrohter Arten: 
Bären, Wölfe und keltische WildpferdeWale, Delfine, Meeresschildkröten und Riesenkalmare; Urwälder und uralte Eiben; Arten, die nur hier vorkommen, wie der kantabrische Auerhahn.

 

Die Rückzugsgebiete für all diese Wunder des Lebens sind jedoch zunehmend in Gefahr. Das Überleben der bedrohten Tier- und Pflanzenarten in Asturien hängt auch von weltweiten Entwicklungen ab – das globale Artensterben ist in Asturien bereits deutlich spürbar. 

 

Wir befinden uns inmitten des sechsten großen Massenaussterbens unseres Planeten, verursacht durch einige der Trockennasenprimaten, die sich selbst „Homo sapiens“ (lat.: weiser, kluger Mensch) nennen. Wir verursachen gerade das größte Artensterben seit dem Zusammenstoß der Erde mit einem Asteroiden vor rund 66 Millionen Jahren. 

 

Erdplünderung und Militär

Solange sich der erdplündernde Lebensstil einer Minderheit der Menschheit nicht grundlegend ändert, gibt es keine Hoffnung auf den Fortbestand der natürlichen Lebensvielfalt unseres Planeten. Die aktuelle Debatte um die Klimakrise wird dazu missbraucht, vorrangig technologische Lösungen mit hohem Profitpotential zu vermarkten. Statt um ein Ende des fossilen Zeitalters geht es um "Netto-Null" als vernebelndes Ziel, das ein Weiterso für fossile Industrien, den Flugverkehr, Militär u.v.a. sicherstellt. 

 

Für ein Ende des fossilen Zeitalters spricht nicht nur, dass die fossilen Ressourcen zur Neige gehen. Im Zusammenhang mit der Gewinnung, dem Transport, der Lagerung, der Nutzung (z.B. in der Plastikindustrie) und der Verbrennung entstehen massive Umweltschäden: Naturzerstörung, krankmachende Belastung der Atemluft, Belastung mit Mikroplastik, Freisetzung eines Giftcocktails bei der Verbrennung und andere schädliche Wirkungen. Hinzu kommen die Treibhausgase.

 

Zu den größten Emittenten der Welt gehört das US-Militär (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 vgl. auch Büchel). 

Seit die NATO-Länder ihre Militärausgaben an die wirtschaftliche Leistung ihrer Volkswirtschaften gekoppelt haben, derzeit sind das mindestens 2% des BIP, wird noch mehr Kriegsgerät hergestellt. Die jährlichen Militärausgaben liegen zwischen zwei und drei Billionen US-Dollar.

 

Die Auftragsbücher für fossil betriebene Kriegsgeräte, Panzer, Jagdbomber, Flugzeuge und Schiffe sind für die kommenden Jahre gut gefüllt. Die Auslieferung erfolgt erst in fernen Jahren und der Einsatzzeitraum beträgt weitere Jahrzehnte. Kein Wunder, dass private Kleinverbraucher und die Menschen in den armen Regionen unseres Planeten dazu gedrängt werden, auf fossile Energien zu verzichten. Denn diese wertvollen Ressourcen sind längst für die Großverschwender aus Industrie und Militär vorgesehen. Und für die Reichsten dieser Welt gibt es praktisch gar keine Begrenzung. Laut einer OXFAM-Studie verursachen die reichsten 1% der Menschheit mehr Emissionen als die 5 Milliarden ärmsten Menschen.

 

Derweil wird die Erde weiter geplündert und die Lebensvielfalt unseres Planeten geht verloren . Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Erdplünderung, der Naturzerstörung und dem Aussterben vieler Arten. Jedoch besteht kein monokausaler Zusammenhang zwischen der Nutzung fossiler Brennstoffe, dem Anstieg der CO₂-Konzentration, dem globalen Temperaturanstieg und dem Aussterben vieler Arten. Das Lebenselixier der Welt der Pflanzen (CO₂) als Hauptschuldigen heranzuziehen, lenkt von den komplexen Ursachen und von den Hauptverantwortlichen ab. 

 

Dennoch: Die Entwicklung der CO-Konzentration in der Atmosphäre ist ein wichtiger Indikator für Veränderungsprozesse, die mit menschlichen Aktivitäten verbunden sind. 

 

Zu den wichtigsten Messgrößen für die Entwicklung der CO-Konzentration in der Erdatmosphäre gehört seit den 1950er Jahren die sog. Keeling-Kurve (Wiki). Die Keeling-Kurve sagt nichts über langfristige natürliche Veränderungsprozesse des Weltklimas, aber sehr wohl über Prozesse, die mit der Entwicklung des Lebens der Erde während der nächsten Jahrhunderte relevant sind. Charles Keeling hat gezeigt, dass die Konzentration seit 1958 insbesondere durch Änderung der Landnutzung und die Verbrennung fossiler Brennstoffe ansteigt. Im Mai 2023 hat der Monatswert der CO-Konzentration an der Mauna Loa Messstation 424ppm erreicht.

 

In der politischen CO-Debatte werden die Wirkungszusammenhänge der naturzerstörenden Änderung der Landnutzung oft verdrängt. Dazu gehören zum Beispiel die Zerstörung der planetar so bedeutsamen Feuchtgebiete, die Vernichtung der alten Naturwälder des Planeten und der Umgang mit unseren Böden (Vergiftung, Verpressung, Versiegelung).

Naturzerstörung als Klimaschutz?

Während der C-Plandemie hatte die Erde eine kurze Verschnaufpause. Doch innerhalb kurzer Zeit wurden Billionen für die Reanimation fossiler Industrien und für ein ressourcenfressendes Wachstum bereitgestellt. Die Plünderung des Planeten wird nun vielfach dreist als "Klimaschutz" verkauft. 

EU-Subventionen schwemmen Geld ins Land, sobald das Etikett Klimaschutz vergeben wird. In Asturien gilt die großflächige Naturzerstörung durch die Förderung der Baum-Plantagen-Industrie als Klimaschutz. Auch die industrielle Verbrennung von Holz und das Abkratzen des Waldbodens zur Verwertung von Totholz in der Pelletindustrie sollen angeblich dem Klimaschutz dienen. Ebenso das Fracking-Gas. Ab Juni 2023 ist in Gijón eine Regasifizierungs-Anlage in Betrieb, obwohl diese Anlage 2013 für illegal erklärt wurde, was 2016 in letzter Instanz bestätigt wurde. Dennoch: Das Gas-Terminal Gijón ist nun ein strategisches Zentrum im europäischen Gasmarkt. 

 

Die Region Gijón leidet unter der hohen Luftverschmutzung (Plataforma Xixón 1, 2). Das Kohlekraftwerk Aboño am Hafen von Gijón gehört zu den größten Emittenten Europas. Dort befindet sich auch eine riesige Kohle-Lagerstätte auf 1.236.000m2, die nun ausgebaut wird.

 

Im Jahr der Lockdowns 2020 sind die Kohleumschläge um mehr als 1 Million Tonnen angestiegen. Und nach dem Verzicht auf russische Kohle steigen die Kohleumschläge weiter rasant an. Nun wird dreckige und teure Kohle aus Ländern wie Indonesien, Australien oder Südafrika auf ökologisch besonders belastende Weise um den Globus geschifft und dann in Asturien zwischengelagert. Allein der Anstieg der Kohleumschläge im ersten Halbjahr 2023 betrug 500% (LNE 1,2,3).

 

Die Profitgier kennt keine Grenzen. Doch Geld kann man nicht essen, Fracking-Gas kann man nicht einatmen und Kohlestaub tötet. Kohlestaubstürme belasten die Umgebung der riesigen offenen Lagerstätte. Die Strände in Gijón sind zeitweise hoch belastet (Video). 

 

In Asturien lag die CO₂-Emission im Jahr 2020 mit 19 Tonnen pro Kopf und 0,85 Tonnen für jede 1.000 Euro Wirtschaftsleistung (BIP) weit über dem Rest des Landes.

 

El lado oscuro del carbón en Asturias:

Das Sterben der Erdlinge

In den 1960er Jahren wurden die komplexen Zusammenhänge zwischen der Naturzerstörung, der Verbrennung fossiler Brennstoffe, dem CO₂-Anstieg in der Atmosphäre und dem globalen Anstieg der durchschnittlichen Temperaturen einem breiten Publikum bekannt. Der Astrophysiker Heinz Haber erreichte damals mit populären Radio- und Fernsehsendungen ein Millionenpublikum. In einem Begleitbuch zu diesen Sendungen präsentierte er den vermuteten Zusammenhang mit einer anschaulichen Grafik für den Zeitraum 1860 bis 1960. Die dort gezeigten Trends werden bis heute fortgeschrieben. (Vgl. Heinz Haber: Unser blauer Planet, Stuttgart, 1965, S.118)

Wir wissen es spätestens seit dem Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit aus dem Jahre 1972: Es gibt Grenzen des Wachstums. Ohne wirksame Maßnahmen drohen enorme planetare Herausforderungen. Doch zu einer Trendwende kam es nicht. Die Plünderung des Planeten nahm danach erst so richtig Fahrt auf.

 

Seit dem Jahr 1971 nimmt sich ein Teil der Menschheit mehr von der Erde, als diese erneuern kann. Wenn alle Menschen einen so ressourcenfressenden Lebensstil führen würden wie durchschnittlich in Deutschland, dann bräuchten wir drei Erden

 

Die Erde und ihre Lebensvielfalt wurden in nur wenigen Jahrzehnten mehr geschädigt als jemals zuvor. Seit 1970 sind die im Living Planet Index erfassten Wildtierbestände um mehr als zwei Drittel zurückgegangen. Viele der Wildtiere sind vom Aussterben bedroht.

 

Der Club of Rome, der World Wildlife Fund und weitere Organisationen, die Nachhaltigkeits-Bewegung der 1980er Jahre, auch anfangs Greta Thunberg und viele andere Menschen haben wichtige Impulse für eine lebensfördernde Entwicklung geben können. Manche Studien von Personen aus diesem Umfeld sind auch heute noch relevant. Doch der Welle der Vereinnahmung, des Machtmissbrauchs, der Monetarisierung und Korrumpierung sind auch sie weitgehend erlegen. Der Insider der Vereinten Nationen und des Club of Rome und langjähriger Experte für nachhaltige Entwicklung, Calin Georgescu, bringt die Situation auf den Punkt.

 

Inzwischen hat die Monetarisierung allen Lebens auch die Artenschutzkonferenzen fest im Griff. Das Biodiversitätsabkommen kann sich kaum noch der Kommerzialisierung allen Lebens widersetzen. Artenschutz und der Schutz der Biodiversität sind bereits weitgehend zu einem Geschäftsmodell verkommen. Dafür muss der Artenschutz marktkonform sein und Lebewesen müssen gentechnisch erzeugt bzw. verändert werden, börsenfähig und patentierbar gemacht werden. Das geschieht bereits. Darauf weist die indische Umweltaktivistin Dr. Vandana Shiva seit langem hin (I, II, III).

Das globale Sterben geht mit einer rasanten Geschwindigkeit vor sich. Bei den grundlegend bedeutsamen Fluginsekten ist in deutschen Naturschutzgebieten ein Rückgang von über 75% innerhalb von 27 Jahren festgestellt worden. Weltweit sind mehr als 40% aller heute noch lebenden Insektenarten vom Aussterben bedroht. Von den Amphibienarten sind ebenfalls mehr als 40% vom Aussterben bedroht (ipbes). Amphibien leben seit 360 Millionen Jahren auf der Erde und sind Anzeiger für den Zustand der Ökosysteme unseres Planeten.

Mehr als 85% aller ökologisch so überaus bedeutsamen Feuchtgebiete wurden bereits vernichtet (ipbes). Auch mehr als die Hälfte aller Naturwälder sind bereits verloren. Allein zwischen 1990 und 2015 wurden 239 Millionen Hektar Naturwald komplett vernichtet und 185 Millionen Hektar Naturwald stark geschädigt. Die für den Planeten so grundlegend wichtigen uralten Bäume und Wälder wurden fast komplett vernichtet. (WWF Waldbericht 2018)

 

Die große Mehrheit der Landtiere lebt in Wäldern und Wälder sind auf die Waldbewohner angewiesen. Ohne sie sterben die Wälder noch schneller. Das Wunder der faszinierenden Lebensvielfalt in den Wäldern unseres Planeten wird immer mehr zu einer fernen Erinnerung. Seit 1970 sind die weltweiten Tierbestände in Wäldern durchschnittlich um mehr als die Hälfte zurückgegangen. (WWF-Waldbericht 2019)

Der Einbruch vieler Tierpopulationen und die Vernichtung der Naturwälder gehen einher mit einem weiteren Anstieg der Weltbevölkerung. Allein in meiner Lebensspanne verdreifacht sich die Anzahl der Menschen von 3 Milliarden im Jahre 1960 auf bald 9 Milliarden. Die Erde könnte mindestens 12 Milliarden Menschen ernähren. Doch dazu müsste die Plünderung des Planeten und die Zerstörung der Lebensgrundlagen gestoppt und die exzessive Lebensweise eines Teils der Menschen beendet werden. Weltweit landet etwa ein Drittel der Lebensmittel im Müll. Unzählige Tiere werden dafür in der Massentierhaltung gequält, riesige landwirtschaftliche Flächen werden dafür industriell genutzt sowie Millionen Kubikmeter Wasser verbraucht, alles nur, um im Müll zu landen.

 

Gleichzeitig leiden mehr als zwei Milliarden Menschen an Ernährungsunsicherheit und sind gezwungen, regelmäßig Mahlzeiten auszulassen. Mehr als drei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu einer gesunden Ernährung. Die Zahl der chronisch hungernden Menschen steigt an. Hungerspekulation und Landraub versprechen Milliardenprofite. Vgl. dazu das Buch von Jean Ziegler:  Wir lassen sie verhungern.“ (Rezension)

Mitspürendes gütig sein

Wir wissen um die unvorstellbaren Qualen, die wir Menschen, Tieren und Pflanzen zufügen. Wir wissen um die strukturellen Ursachen der extremen Armut so vieler Menschen. Die Strukturen der Armut bleiben bislang unangetastet. Stattdessen wird auf ein paar Spendenkrümel hingewiesen. Die Prioritäten sind andere: Zwei bis drei Billionen werden jedes Jahr für Krieg und Militär ausgegeben.


Profitgier und Gleichgültigkeit lassen auch die Strukturen der "Tierverwertung" bisher unangetastet. Milliarden Tiere leiden und sterben in der industriellen Massentierhaltung. Das Sterben in qualvollen Tierversuchen zur Erlangung der Marktreife neuer, giftiger Produkte ist nur ein weiteres von vielen Beispielen. Mehr als 10.000 hoch entwickelte Affen leiden und sterben jedes Jahr allein in den Laboren der Europäischen Union.


Immerhin gibt es auch einige Menschen, die Tiere als Empfindungswesen ansehen. Als Mitwesen, die fühlen, trauern, träumen und lieben, die Tempel Gottes genannt werden können. Unsere Weise der Empfindung von Zärtlichkeit, Vertrauen, Liebe und Glückseligkeit ist aus der Geschichte der Entwicklung des Lebens hervorgegangen. Tiere haben unsere Weise des Seins ermöglicht und vorbereitet. Ohne sie wären wir nicht hier. Aus dem Reich der Tiere stammen unsere Ahnen. Bei den neugeborenen Gorillas und Schimpansen ist die Ähnlichkeit mit unseren Kleinsten besonders einprägsam sichtbar. Unsere Primatengeschwister lachen und weinen, freuen sich und zeigen Angst, sie können zornig und zärtlich sein. Sie wachen, träumen und halten Tiefschlaf, sie verfügen damit über die gleichen potentiellen Bewusstseinszustände wie unser menschliches Bewusstsein.


Wer Tiere als Empfindungswesen ansieht und sich für ein Mitspüren öffnet, kann vielleicht auch mit unseren Geschwistern im Reich der Pflanzen ein Mitgespür entwickeln. Auch Pflanzen können als Mitgeschöpfe, als Tempel Gottes angesehen werden. Mein Erspüren im Zusammensein mit Pflanzen gelingt mir besonders leicht bei alten Bäumen, zum Beispiel bei uralten Eiben. Sie gehören zu den ältesten Lebewesen der Erde. Alte Eiben sind intelligente und fühlende Wesen. Eibenwälder und auch Auenwälder und andere Naturwälder sind lebendige, komplex vernetzte Organismen. Pilzfäden durchweben den Boden und leiten Signale weiter. Ein einziger Pilz kann sich Quadratkilometer weit ausdehnen und ganze Wälder vernetzen.


Pflanzliche Intelligenz und pflanzliche Emotionen sind heute messbar. Die gehirnähnlichen Strukturen der Wurzelspitzen der Bäume senden und empfangen elektrische Signale. Bäume kommunizieren elektrisch, geruchlich und optisch. Doch sie sind auch durch energetische Schwingungen verbunden mit allem Leben. Bäume empfinden, erspüren, hören und sprechen auf ihre Weise. Bäume haben auch ein Gedächtnis. Noch zu selten werden diese menschlichen Begriffe auf die Welt der Tiere und Pflanzen übertragen. Es könnte ja Empathie entstehen und kurzsichtige Interessen einiger Investoren könnten tangiert sein – Investoren, die Lebewesen als Sache anzusehen sich erdreistet haben, aus denen sie Profit herauspressen können; Investoren, die unsere Mitgeschwister meinen quälen, töten und wegwerfen zu können.  

 

Mitspüren mit allem Leben, mit Pflanzen, Tieren, Menschen, mit Landschaften, mit der Erde und dem Kósmos, lässt uns das Mysterium des Lebens erahnen. Staunen und Lobpreisen werden dann zu einer natürlichen Regung unseres Herzens.


Dann werden wir zuweilen auch offen für ein Mitgefühl dem Leiden gegenüber, ohne dass wir im Schmerz des Mitleidens handlungsunfähig erstarren, sondern mithelfen können, das Leiden zum Licht zu wenden.

 

Lasst uns den Menschen auf Erden gütig sein, lasst uns auch den Walen der Meere, den Vögeln des Himmels, den Bäumen und den Tieren auf Erden gütig sein, lasst in uns ein Mitgespür für das Leben reifen, auf dass wir die Güte, die wir an uns erfahren, an unsere Mitgeschöpfe weitergeben. 

Der Ruf der Erde: Alles ist EINS!

Wir leben in einer Zeit mit epochalen Umbrüchen, deren Zeugen und Protagonisten wir heute sind. Noch verhalten wir uns oft wie Schlafwandler, die in einem kollektiven Alptraum gefangen sind. Wir vernichten unsere Lebensgrundlagen und zerstören die Lebensräume anderer Erdbewohner. Kommt es noch rechtzeitig zu einem Erwachen aus dem Alptraum? Hören wir den Weckruf? Hören wir den Ruf der Erde? 


Die globalen Krisen spiegeln unsere Innenweltkrise. Die tiefliegenden Gründe für den Zustand der Welt haben zu tun mit unseren Denkgewohnheiten und unseren verinnerlichten Werten, die heute in einer Vielzahl oft gegensätzlich erscheinender Formen aufeinanderprallen. Diese Denkweisen und Wertehorizonte bestimmen, was wir wahrnehmen und wie wir es interpretieren. Sie bilden die Grundlage für unsere Antwort auf die Frage, wer oder was wir sind. Eine Gemeinsamkeit vieler Antworten auf diese Frage ist der Glaube an die Getrenntheit voneinander. Wir denken, wir seien getrennt von anderen Menschen, Tieren, Pflanzen und Wesen, wir seien getrennt von der Erde und von dem allumfassenden Urgrund allen Seins.


Diese Ansicht ist naheliegend, denn unser Identitätsempfinden beschränkt sich gemeinhin auf unseren Körper und zuweilen auf die uns unmittelbar zugesellten Menschen. Die Alltagsprobleme dieser kleinen ichbasierten Welt übersteigen oft schon unsere Kräfte. Unmöglich, den Blick auf die Erde als Ganzes zu richten, zu groß scheinen die weltweiten Probleme zu sein und der Beitrag des Einzelnen zu unbedeutend, als dass er einen Unterschied machen könnte. Doch da ändert sich etwas. Viele Menschen beginnen damit, sich der Verbundenheit und der Einheit allen Lebens bewusst zu werden. 

Vielleicht können die Krisen unserer Zeit dazu beitragen, dass wir uns öffnen für den Ruf der Erde - eine lichterfüllte lebendige Erde, die uns ruft zur Besinnung zu kommen, inne zu halten und die Erde um uns mit der Erde in uns in Resonanz miteinander zu bringen und die Einheit allen Lebens zu erahnen.

 

Die Wahrnehmung der Wunder dieser Welt kann dazu dienen, die Erinnerung an das wachzurufen, was jenseits ihrer aller liegt. Dann mag es zuweilen geschehen, dass unsere Seele ein Lied anstimmt, das uns hinüberträgt zum Erahnen des zeitlos Ewigen in allem. Wie in der Metapher vom Gesang der Nachtigall auf dem Sternenweg umhüllt uns dann ein Hauch von Ewigem.

Die Welt der Menschen 1, 2 und ihre Vielfalt an Stimmen und Klängen

Der Ruf der Erde: Ein Weckruf

Stellen wir uns die gegenwärtige Situation der Erde und ihrer Erdlinge als eine Geburt vor, die Geburt einer transzendierten Identität, eine neue Antwort auf die Frage, wer oder was wir eigentlich in unserer Essenz sind. Die Schmerzen der Geburt können vermindert werden und wir können schon allein durch die Achtsamkeit für unsere Atmung unsere Aufmerksamkeit für das, was in diesem Moment geschieht, erhöhen. Unser Atem ist der Atem des Lebens, der Atem der lebendigen Erde.

 

Befreit von Angst und inspiriert von der allumfassenden Liebe hören wir dann den Ruf der Erde in unserem Herzen. Es ist der Ruf aufzuwachen und der Weisheit der Erde zu lauschen, angesichts der Plünderung des Planeten und dem globalen Sterben der Erdlinge.

 

An vielen Orten des Planeten hören Menschen diesen Ruf. Sie antworten darauf auf ihre jeweils eigene Weise. Darunter befinden sich auch eher der Stille und Kontemplation zugeneigte WeisheitslehrerInnen, die jetzt ihre Stimme erheben. Sie verlassen die Einsamkeit und Abgeschiedenheit ihrer Klöster. In ihren Meditationen sehen sie gleichgerichtete Botschaften, die aus der Tiefe ihres Seins emporsteigen und die sich zu einem einzigen Aufschrei bündeln, ein Urschrei der Erde ertönt durch alles Leben. Er lässt die Erde erbeben, ein geistiges Beben, das selbst die bislang in sich gekehrten MystikerInnen der verschiedensten Traditionen veranlasst, zum sofortigen Handeln aufzurufen: Hört den Ruf der Erde und antwortet jetzt darauf!

Eine Erzählung by Charles Eisenstein 1, 2

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© Ralf Pochadt